Immer öfter werden wir bei der Ausarbeitung von Testamenten oder Ehe- und Erbverträgen angefragt, wie man zum Voraus selbst bestimmen kann, welche medizinischen Behandlungen man – für den Fall, dass man wegen Krankheit oder Unfall nicht mehr selbst entscheiden kann – wünscht und welche nicht. Diese Frage hat, angesichts der neuen gesellschaftlichen Realitäten (Paare leben oft ohne Trauscheine zusammen, Patchworkfamilien machen einen grossen Teil der Familien aus) und der anhaltenden Pandemie, immer mehr an Bedeutung gewonnen. Konkret erhalten wir die Fragen «Dürfen tatsächlich meine Eltern, Geschwister oder der getrenntlebende Ehegatte im Falle meiner Urteilsunfähigkeit über meine Bedürfnisse entscheiden?» oder «Wie kann ich verhindern, dass meine Kinder eine Entscheidung über mein Leben oder meinen Tod fällen müssen?».
Patientenverfügung: Medizinische Massnahmen
Für den Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall legen Sie mit der Patientenverfügung fest, welche medizinischen Behandlungen Sie erhalten möchten, bzw. welche Sie ablehnen. Weiter können Sie darin vertretungsberechtigte Personen benennen, welche Ihre Patientenverfügung durchsetzen sollen. Ihre Patientenverfügung sollten Sie an einem gut auffindbaren Ort aufbewahren oder bei Ihrer Vertretungs- oder Vertrauensperson (auch Hausarzt oder Hausärztin) hinterlegen. Zusätzlich ist es ratsam, in Ihrem Portemonnaie eine Hinweiskarte mit den Angaben zu Vertretungspersonen oder zum Aufbewahrungsort mit sich zu tragen. Die Patientenverfügung kann (Urteilsfähigkeit vorausgesetzt) jederzeit von Ihnen abgeändert oder widerrufen werden. Gute Vorlagen finden Sie beim Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) oder bei der Pro Senectute.
Vorsorgeauftrag: Personen- und Vermögenssorge (Rechtsvertretung)
Im Gegensatz zur Patientenverfügung regeln Sie mit dem Vorsorgeauftrag (ebenfalls für den Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall) die sogenannte «persönliche Sorge». Diese umfasst die Sorge um Ihre Person (z.B. Organisation einer individuellen Pflege oder Behandlungen in Heimen oder durch die Spitex) sowie die Vermögenssorge und die damit verbundene Rechtsvertretung (z.B. Verwaltung des Vermögens und Rechtsvertretung gegenüber Behörden und Dritten). Im Unterschied zur Patientenverfügung werden mit dem Vorsorgeauftrag keine medizinischen Massnahmen geregelt, sondern die Beistandschaft. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) muss im Falle Ihrer Urteilsunfähigkeit die von Ihnen per Vorsorgeauftrag beauftragten Personen auf deren Fähigkeit prüfen und offiziell einsetzen, sofern diese die vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllen. Ohne Vorsorgeauftrag hat die KESB die gesetzliche Pflicht, selbst einen Beistand zu ernennen, der Ihre Personen- und Vermögenssorge übernimmt. Ein gültiger Vorsorgeauftrag muss entweder von Hand geschrieben und unterzeichnet oder notariell beurkundet worden sein. Der Vorsorgeauftrag kann ebenfalls (Urteilsfähigkeit vorausgesetzt) jederzeit von Ihnen abgeändert oder widerrufen werden.
Die Patientenverfügung und der Vorsorgeauftrag ermöglichen es Ihnen, Ihren persönlichen Willen zu bestimmen. Dies bewirkt, dass das medizinische Fachpersonal und die Behörden (KESB) gemäss Ihrem persönlichen Willen zu handeln haben. Zudem entlasten Sie damit Ihre Angehörigen, welche im Moment Ihrer Urteilsunfähigkeit emotional anderweitig fokussiert sind. Gerne beraten wir Sie bei diesen Themen als juristische und notarielle Fachpersonen.