Die Teilung von Nachlässen ist häufig ein langwieriges und komplexes Unterfangen. Ist diesbezüglich keine einvernehmliche Lösung unter den Erben möglich, muss das Erbteilungsgericht einen Entscheid über die Teilung des Nachlasses fällen. Hierbei stellt sich die Frage, welche Kompetenzen das Erbteilungsgericht hat und ob es namentlich einzelne Erbschaftsgegenstände bestimmten Erben zuweisen darf. Nachdem das Bundesgericht und die kantonalen Gerichte in einer jahrelangen Praxis von einer umfassenden Teilungs- und Zuweisungskompetenz des Erbteilungsgerichts ausgegangen waren, hat das Bundesgericht im aufsehenerregenden Entscheid BGE 143 III 425 diese freie Zuweisungskompetenz abgelehnt. Vielmehr müssten bei Uneinigkeit der Erben die einzelnen Erbschaftsgegenstände durch Losziehung zugeteilt werden.
Unklar und umstritten ist jedoch weiterhin, wie diese Losziehung abzulaufen habe. Unser juristischer Mitarbeiter MLaw Jonas Wolfisberg hat sich dem Ablauf des Losziehungs-verfahrens vor dem Erbteilungsgericht in einem Fachartikel in der Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins angenommen (ZBJV 158/2022. S. 401 ff.). Nachfolgend sollen die zentralen Aussagen kurz dargestellt werden.
Einleitung des Losziehungsverfahrens
Zunächst stellt sich die Frage, wie das Losziehungsverfahren eingeleitet werden kann. Umstritten ist in diesem Kontext, ob hierfür ein Antrag desjenigen Erben erforderlich ist, der die Losziehung durchführen will oder ob das Erbteilungsgericht die Losziehung von Amtes wegen anordnen darf. Da die Losziehung als Teil der Rechtsanwendung betrachtet werden kann und das Gericht das Recht von Amtes wegen anwenden muss, sind derartige Anträge entbehrlich. Dazu kommt, dass derzeit immer noch Verfahren vor den Erbteilungsgerichten hängig sind, welche noch vor der genannten Änderung der Rechtsprechung eingeleitet wurden. In diesen Fällen hätten derartige Anträge ohnehin nicht gestellt werden können, woraus den Parteien kein Nachteil erwachsen darf.
Öffentlichkeit der Losziehung
Sodann stellt sich die Frage, ob die Losziehung durchgeführt werden muss, d.h. ob daran – wie bei Gerichtsverhandlungen – die breite Öffentlichkeit teilnehmen darf – oder ob nur die involvierten Parteien ein Teilnahmerecht haben.Hierbei kann gesagt werden, dass nur in den Kantonen Bern und Basel-Landschaft ein Teilnahmerecht des breiten Publikums angenommen werden kann. In den übrigen Kantonen haben lediglich die involvierten Erben als Parteien das Recht, dass die Losziehung durch das Erbteilungsgericht in deren Anwesenheit durchgeführt wird.
Errichtung einer öffentlichen Urkunde über die Losziehung
Es ist denkbar, dass den Erben eine persönliche Teilnahme an der Losziehung zu aufwändig erscheint, sie aber gleichzeitig sicherstellen wollen, dass das Gericht tatsächlich eine Losziehung durchführt und nicht etwa einzelne Erbschaftsgegenstände nach eigenem Gutdünken zuweist. Für diesen Fall sieht z.B. das Beurkundungsrecht des Kantons Obwalden vor, dass ein Notar anstelle der Erben an der Losziehung vor dem Erbteilungsgericht teilnimmt und darüber eine öffentliche Urkunde errichtet. Der Vorteil dieser öffentlichen Urkunde besteht darin, dass die korrekte Durchführung der Losziehung nach dem Zufallsprinzip vermutet wird.
Gerne beraten wir Sie bei diesen Themen als anwaltliche oder notarielle Fachpersonen.